
Die Europäische Kommission erteilte am 29. April 2022 eine zusätzliche Indikationserweiterung für den Multi-Target-Tyrosinkinase-Inhibitor (mTKI) Cabozantinib (Cabometyx®, Ipsen). Die neue Zulassung bezieht sich auf die Behandlung von Erwachsenen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem differenziertem Schilddrüsenkarzinom (DTC), die refraktär gegenüber Radiojod (RAI) sind oder dafür nicht in Frage kommen und bei denen während oder nach einer vorherigen systemischen Therapie eine Progression aufgetreten ist. Damit wird in Europa erstmals eine Behandlung mit expliziter Evidenz in der Zweitlinie für diese seltene Krebsform zugelassen, für die es bislang nur begrenzte Therapiemöglichkeiten gibt, wenn es zur Progression nach systemischer Behandlung kommt. Cabozantinib verfügt in der Europäischen Union (EU) bereits über Zulassungen in den Indikationen Nierenzellkarzinom (RCC) und Leberzellkarzinom (HCC) [1].
„Es liegt in der Natur des Radiojod-refraktären differenzierten Schilddrüsenkrebses, dass dieser nicht auf die am häufigsten eingesetzten DTC-Therapien anspricht. In der Folge haben Menschen mit dieser Krebsform begrenzte Behandlungsmöglichkeiten, sollte ihre Erkrankung voranschreiten. Nachdem es über einen sehr langen Zeitraum nur wenig therapeutische Fortschritte für diese Patientengruppe gab, freue ich mich darüber, dass nun mit Cabometyx ein innovativer Behandlungsansatz vorliegt und ich mit meinen Patienten nun positivere Gespräche über die Anzahl der für sie verfügbaren Optionen führen werden kann“, kommentierte Jaume Capdevila, M.D. PhD Medical Oncologist am Vall d‘Hebron University Hospital und Vall d’Hebron Institute of Oncology (VHIO), Barcelona, und klinischer Prüfarzt, die Entscheidung der EU-Kommission.
Signifikante Reduktion des Progressionsrisikos mit Cabozantinib
Die Zulassung basiert auf den Daten der Phase-III-Studie COSMIC-311, deren geplante Zwischenauswertung nach im Median 6,2 Monaten das Erreichen des primären Endpunkts „progressionsfreies Überleben (PFS)“ belegt hatte: Das Progressions- bzw. Sterberisiko war hier mit Cabozantinib im Vergleich zu Placebo um 78 % reduziert (HR: 0,22; 96 %-KI: 0,13–0,36; p < 0,0001) [2]. Auch hinsichtlich des weiteren primären Endpunkts „objektive Ansprechrate (ORR)“ war Cabozantinib der Placebobehandlung (medianes Follow-up von 8,9 Monaten) mit 15 % versus 0 % überlegen (p = 0,028; keine statistische Signifikanz) [2]. Angesichts des in dieser Analyse gezeigten Wirksamkeits- und Sicherheitsprofils empfahl das unabhängige Prüfungskomitee, die Rekrutierung zu beenden sowie die teilnehmenden Studienzentren und Patienten zu entblinden.
Behandlungsvorteile bleiben auch bei längerem Follow-up bestehen
Die Finalanalyse der COSMIC-311-Studie nach einem medianen Follow-up von 10,1 Monaten wurde im Rahmen der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO, virtuelle Konferenz 2021) präsentiert. Das mediane PFS fiel auch in der Abschlussanalyse in der mit Cabozantinib behandelten Patientengruppe länger aus (11,0 vs. 1,9 Monate für Placebo). Das Progressions- bzw. Sterberisiko gegenüber Placebo war weiterhin um 78 % (HR: 0,22, 96 %-KI: 0,15–0,32; p < 0,0001) reduziert [3]. Wie diese neuen Analysen zeigten, war die überlegene Wirksamkeit von Cabozantinib dabei unabhängig von der vorangegangenen zielgerichteten Therapie gegen VEGF (vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor) gegeben. Dies erlaubt den behandelnden Ärzten Flexibilität bei der Entscheidung über die Therapiesequenz. Das in den beiden Analysen beobachtete Sicherheitsprofil entsprach dem bereits für Cabozantinib bekannten, wobei sich die Nebenwirkungen (AEs) durch Dosisanpassungen kontrollieren ließen [2, 3].
Steven Hildemann, M.D. PhD, Executive Vice President, Chief Medical Officer, Head of Global Medical Affairs and Global Patient Safety bei Ipsen, kommentierte: „Die Cabozantinib-Zulassung für diese schwer zu behandelnde Krebsform ist eine sehr gute Nachricht für die betroffenen Patienten und ihre behandelnden Ärzte. Wir freuen uns, dass die Europäische Kommission die Belastbarkeit der im Rahmen der COSMIC-311-Studie erhobenen Daten erkannt hat sowie die Möglichkeiten, die sich für Menschen mit RAI-refraktärem differenziertem Schilddrüsenkrebs durch Cabometyx ergeben. Wir engagieren uns in Bereichen der Onkologie, die sich durch einen hohen ungedeckten therapeutischen Bedarf auszeichnen. Die Entscheidung der Europäischen Kommission unterstreicht unser Ziel, bedeutsame neue Behandlungsmöglichkeiten verfügbar zu machen, die das Potenzial besitzen, greifbare Unterschiede im Leben der Menschen auszumachen.“
Bisheriges Zulassungsspektrum in der EU
In der EU verfügt der Multi-Target-TKI über eine große Bandbreite an Zulassungen in anderen onkologischen Entitäten [1]. In der Indikation RCC ist Cabozantinib als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit mittlerem oder hohem Risiko sowie nach vorangegangener zielgerichteter Therapie gegen VEGF zugelassen. Als Kombinationstherapie mit Nivolumab ist Cabozantinib für die Erstlinienbehandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem RCC bei allen Risikogruppen zugelassen. In der Indikation HCC ist Cabozantinib zugelassen als Monotherapie für die Behandlung von Erwachsenen, die zuvor mit Sorafenib behandelt wurden [1].
Literatur:
1. Aktuelle Fachinformation Cabometryx®
2. Brose MS et al. Lancet Oncol 2021; 22: 1126-38
3. Capdevilla J et al. Ann Oncol 2021; 32 (Suppl 5): 1283-1346
Quelle: Pressemitteliung von Ipsen Pharma GmbH