
Im Dezember 2021 wurden die endgültigen Ergebnisse der CONTROL-Studie [1] auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2021 vorgestellt. In der Studie wurden 563 Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium (eBC) für 1 Jahr mit Neratinib behandelt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Diarrhö-Prophylaxe oder die Anwendung eines Dosiseskalationsplans für Neratinib in Kombination mit Loperamid (bei Bedarf) zu Beginn der Behandlung die Inzidenz, Schwere und Dauer von schwerer Neratinib-induzierter Diarrhö reduziert. Die verbesserte Verträglichkeit ermöglichte es insbesondere den Patientinnen der „Dosiseskalations“-Kohorte der Studie die vorgesehene Behandlungsdauer von einem Jahr zu komplettieren und somit besser von der Therapie zu profitieren.
Die CONTROL-Studie wurde aufgrund der Ergebnisse der ExteNET-Zulassungsstudie [2] durchgeführt, in der keine primäre Diarrhö-Prophylaxe vorgesehen war. In der ExteNET-Studie wurde im Neratinib-Arm bei fast 40 % der Patientinnen schwere (Grad 3) Diarrhö beobachtet (1 Patientin mit Grad 4 Durchfall) und 17 % der Patientinnen brachen die Studie aus diesem Grund ab.
In der CONTROL-Studie wurden sechs verschiedene Strategien zur Vorbeugung der Neratinib-assoziierten Diarrhö untersucht. Die auf dem SABCS präsentierten Ergebnisse zeigten, dass die Dosiseskalation des Neratinib in Kombination mit Loperamid (bei Bedarf) während der ersten zwei Behandlungswochen („DE1“-Kohorte, n=60) im Vergleich zu allen anderen Strategien mit der niedrigsten Rate an Grad 3 Diarrhö einherging (13,3 % der Patientinnen der DE1-Kohorte). In dieser Kohorte nahmen 75 % der Patientinnen Neratinib länger als 11 Monate ein. Entsprechend wurde in der DE1-Kohorte die Therapie am seltensten abgebrochen (3,3 %) oder temporär unterbrochen (11,7 %). Die Ergebnisse sind vor allem angesichts der post-hoc-Auswertung der ExteNET-Studie [3], die im Rahmen des ASCO 2021 präsentiert wurde, vielversprechend. Diese explorative Subgruppenanalyse zeigte, dass Patientinnen besonders von der extendierten adjuvanten Therapie mit Neratinib profitierten, wenn sie Neratinib mindestens 11 Monate eingenommen hatten.
Deborah Szafir, Executive Vice President, Medical and Patient Consumer Department Director, Pierre Fabre, resümiert: „Die CONTROL-Studie hat gezeigt, dass Neratinib-assoziierte Diarrhö durch proaktive Prophylaxe und Dosiseskalationsstrategien gut handhabbar ist. Diese Ergebnisse liefern der Wissenschaft wertvolle Informationen zum Sicherheitsprofil und zur Handhabung von Neratinib. Dies ist eine wichtige Erkenntnis, denn trotz der Fortschritte, die bei der Behandlung des frühen HER2-positiven Brustkrebs erzielt wurden, können wir bei bis zu 25 % der Patientinnen nach zehn Jahren mit einem Rezidiv rechnen.“
Die endgültigen Ergebnisse der CONTROL-Studie wurden der Europäischen Arzneimittel-Agentur zur Anpassung der Produktinformationen an den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand vorgelegt.
Über CONTROL [1] – NCT02400476
Die CONTROL-Studie wurde von Puma Biotechnology, Inc. in Auftrag gegeben. Es handelt sich um eine internationale, offene Phase-II-Studie mit mehreren Kohorten, in der sechs Optionen zur Vorbeugung von Neratinib-assoziiertem Durchfall untersucht wurden. Erwachsene Patientinnen (n=563) mit HER2-positivem Brustkrebs im Stadium I–IIIc, die binnen eines Jahres vor Eintritt in die Studie eine Trastuzumab-basierte adjuvante Therapie abgeschlossen hatten, erhielten Neratinib (240 mg/Tag für 1 Jahr).
Die Patientinnen wurden nacheinander in sechs separate Kohorten aufgenommen:
- Obligatorische Loperamid-Prophylaxe
- Budesonid + Loperamid
- Colestipol + Loperamid
- Colestipol + Loperamid (bei Bedarf)
- Neratinib DE1 (zweiwöchige Eskalation) + Loperamid (bei Bedarf)
- Neratinib DE2 (vierwöchige Eskalation) + Loperamid (bei Bedarf)
Für Budesonid und Colestipol liegt in Deutschland keine Zulassung als Diarrhöprophylaxe vor.
Über ExteNET [2] – NCT00878709
ExteNET war eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie. Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium erhielten nach einer (neo)adjuvanten Therapie mit Trastuzumab und Chemotherapie 12 Monate lang 240 mg Neratinib pro Tag oder ein Placebo (jeweils n=1420). Die ExteNET-Studie erreichte ihren primären Endpunkt in der Intention-to-treat-Population und zeigte bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium unter NERLYNX im Vergleich zu Placebo nach 2 Jahren ein verbessertes Überleben ohne invasive Erkrankung (invasive disease-free survival [iDFS], HR 0,66; 95%-KI: 0,49-0,90; p = 0,008 [zweiseitig]). In der Untergruppe der Patientinnen mit HR-positiver Erkrankung, die die Behandlung innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Trastuzumab-Vortherapie begonnen hatten (die EMA-Zulassungspopulation), war der beobachtete Unterschied bezüglich des iDFS größer (HR 0,58; 95%-KI: 0,41-0,82 nach 5 Jahren).
Referenzen:
- Chan A. Final findings from the CONTROL trial of diarrheal prophylaxis or neratinib dose escalation on neratinib-associated diarrhea and tolerability in patients with HER2+ early-stage breast cancer. SABCS 2021, Poster Session 5, Abstract P5-18-02
- Chan A, Delaloge S, Holmes FA et al. Neratinib after trastuzumab-based adjuvant therapy in patients with HER2-positive breast cancer (ExteNET): a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet Oncol 2016; 17: 367e377
- Moy B et al. Association between treatment duration and overall survival in early-stage HER2+ breast cancer patients receiving extended adjuvant therapy with neratinib in the ExteNET trial. ASCO Annual Meeting 2021. Abstract und Poster #540
Quelle: Pierre Fabre