
Die Zulassung des PD(programmed-cell-death)-1-Inhibitors Cemiplimab (Libtayo®) als Erstlinientherapie beim PD-L1-positiven (PD-L1≥50 %) fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) ohne therapierbare Treibermutation (EGFR-, ALK-, oder ROS1-Aberration) umfasst neben den metastasierten Patienten auch jene mit lokal fortgeschrittener Erkrankung, die keine definitive Radiochemotherapie erhalten können [1]. Eine ‚post-hoc‘-Analyse aus der Phase-III-Zulassungsstudie EMPOWER-Lung 1 fokussierte auf diese Patientengruppe und bestätigte, dass diese Patienten auch von einer Cemiplimab-Monotherapie profitieren können [2].
„Mit Cemiplimab haben wir erstmals auch für Patienten mit lokal weit fortgeschrittenem NSCLC, die keine definitive Radiochemotherapie erhalten können, eine zugelassene und effektive Krebsimmuntherapie“, betonte Prof. Michael Thomas, Thoraxklinik der Universität Heidelberg, der die Ergebnisse anlässlich der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) vorstellte. Bislang bestand für diese Patientengruppe ein klarer „unmet medical need“, so Thomas [2].
Gut balancierte Studienarme auch für die Stadien IIIB/C
In der EMPOWER-Lung 12 waren insgesamt 563 Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC (Stadium IIIB/C, IV) und PD-L1≥50 % ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberration mit Cemiplimab versus eine Platin-basierte Chemotherapie (nach Wahl des Prüfarztes) behandelt worden. Gut 15 % (n=87/563) hatten eine lokal fortgeschrittene Erkrankung im Stadium IIIB/C und waren für eine definitive Radiochemotherapie nicht geeignet. Auch für diese Subgruppe waren beide Studienarme hinsichtlich der Patientencharakteristika gut balanciert, betonte Thomas. Etwa 80 % befanden sich im Stadium IIIB und 20 % im Stadium IIIC und gut 60 % hatten ein Plattenepithelkarzinom. Insgesamt handelte es sich laut Thomas um ein „typisches Patientenkollektiv“.
Konsistente Wirksamkeitsergebnisse von Cemiplimab auch bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem NSCLC
Wie schon für die Gesamtpopulation zeigte die Cemiplimab-Monotherapie trotz hoher Cross-Over-Rate (74 %) auch für die lokal fortgeschrittene Patienten-Subgruppe eine gute Effektivität: Das relative Progressionsrisiko war gegenüber der Chemotherapie um 51 % reduziert bei einer medianen progressionsfreien Überlebenszeit (PFS) von 8,4 Monaten versus 6,2 Monaten (HR 0,49; 95 % KI: 0,27–0,88; nomineller p-Wert 0,02). Nach einem Jahr lag die PFS-Rate bei fast 40 % (38,5 %) im Vergleich zu 5,8 % im Chemotherapie-Arm. Die mediane Gesamtüberlebenszeit war nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 11,6 Monaten im Cemiplimab-Arm noch nicht erreicht und betrug im Chemotherapie-Arm 15,5 Monate (HR 0,48; 95 % KI 0,20–1,14; nomineller p-Wert 0,09) bei einer numerisch höheren 1-Jahres-Überlebensrate (78,5 % vs. 57,8 %).
Trotz längerer Therapiedauer (27,3 vs. 17,7 Wochen) lag die Rate schwerer therapiebedingter Nebenwirkungen unter Cemiplimab deutlich niedriger (Grad 3–5: 14,1 % vs. 39,2 %). Die Häufigkeit schwerer immunvermittelter Nebenwirkungen (Grad 3–5) war mit 3,7 % (vs. 0,3 %) gering [2].
Fazit für den klinischen Alltag
Die Daten untermauern laut Thomas die Wirksamkeit der First-Line-Therapie mit Cemiplimab bei Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC (PD-L1≥50 %), die keine therapierbare Treibermutation aufweisen. Auch Patienten mit lokal fortgeschrittener Erkrankung, für die eine definitive Radiochemotherapie nicht in Frage kommt, könnten von Cemiplimab profitieren. Dr. med. Nikolaj Frost, Lungentumorzentrum im Charité Comprehensive Cancer Center, Berlin, ergänzte, dass Patienten mit hoher PD-L1-Expression (PD-L1≥90 %) besonders deutlich von der Monotherapie mit einem Immun-Checkpoint-Inhibitor (ICI) zu profitieren scheinen. Dies zeige sich auch in der EMPOWER-Lung 1-Studie2. Damit könnte eine weitere Unterteilung der PD-L1-Expression in der Gruppe der Hochexprimierer als möglicher Biomarker für eine ICI-Monotherapie genutzt werden. Patienten mit hoher PD-L1-Expression seien gute Kandidaten für eine Monotherapie.
Literatur:
- Fachinformation Libtayo®. Stand Juni 2021
- Sezer A et al. Lancet 2021; 397(10274): 592–604
- Bondarenko I et al. World Conference on Lung Cancer (WCLC) 2021, Poster FP04.03
Quelle: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH