
Für Patienten mit High-Risk-Harnblasenkarzinomen gibt es in bestimmten Behandlungssituationen keine zufriedenstellende Therapieempfehlung in der S3-Leitlinie. So wird für folgende Situationen nur ein „progressionsgetriggertes Vorgehen“ empfohlen: Wenn nach einer radikalen Zystektomie noch ein High-Risk-Blasenkarzinom besteht und eine neoadjuvante Chemotherapie bereits erfolgte oder eine adjuvante Cisplatin-basierte Chemotherapie nicht möglich ist. Dr. Margitta Retz aus München und Prof. Dr. Peter Goebell aus Erlangen stellten Daten der Phase-III-Studie CheckMate 274 vor, die Nivolumab als neue Behandlungsoption für solche Fälle zeigen.
In die Studie wurden 709 Patienten mit einem muskelinvasiven Karzinom der Blase, der Urethra oder des oberen Harntrakts eingeschlossen [1]. Alle hatten eine radikale Zystektomie innerhalb von 120 Tagen erhalten und etwa 43 % auch eine neoadjuvante Cisplatin-basierte Chemotherapie. Die Patienten wurden randomisiert und für bis zu ein Jahr mit Nivolumab (Opdivo®) oder einem Placebo behandelt.
Das Risiko erneut zu erkranken, wurde durch Nivolumab um 30 % reduziert (Hazard Ratio [HR] 0,70; p < 0,001). Bei PD-L1-positiven Patienten war der Effekt noch stärker. Das Risiko wurde um 47 % herabgesetzt (HR 0,53; p < 0,0001). Das Metastasen-freie Überleben war in der Gesamtgruppe um 26 % (HR 0,74) erhöht und in der PD-L1-Subgruppe um 40 % (HR 0,60). Die häufigsten schweren Nebenwirkungen waren Diarrhö (0,9 %), Colitis (0,9 %) und Pneumonitis (0,9 %). Auch Fatigue, Hautausschläge und erhöhte Leberwerte traten auf.
Weil PD-L1-positive Patienten stärker von der Therapie profitieren, empfehlen Dr. Retz und Prof. Goebell den PD-L1-Status immer mitbestimmen zulassen.
Die Zulassung wird laut Dr. Retz für Anfang 2022 erwartet. In den USA ist Nivolumab bereits für die beschriebenen Behandlungssituationen durch die FDA zugelassen. Auch wenn in Europa noch keine Zulassung besteht, kann mithilfe der vorgelegten Daten und der FDA-Zulassung bei den Krankenkassen im Einzelfall ein individueller Heilversuch beantragt werden, empfiehlt Dr. Retz.
Autor: Ronny Reimann
Literatur:
1. Bajorin DF et al. Adjuvant Nivolumab versus Placebo in Muscle-Invasive Urothelial Carcinoma. N Engl J Med. 2021; 3; 384: 2102–2114
Quelle: Satellitensymposium: „Fortschritt beim adjuvanten Urothelkarzinom: Die Immuntherapie auf dem Vormarsch! Erste Ergebnisse der CM 274 – Nivolumab vs. Placebo“ DGU 2021, 16. September 2021, Veranstalter: Bristol-Myers Squibb